Reduziert Cannabiskonsum dauerhaft die Intelligenz?

Wir betrachten an dieser Stelle eine aus unserer Sicht seriöse Studie zum Thema Cannabiskonsum im Jugendalter.

In Auszügen wiedergegeben wird eine Ausarbeitung von Derik Hermann über aktuelle neurobiologische Studien zu den gesundheitlichen Folgen von Cannabis. Mit einem Fokus auf Psychosen und neuropsychologische Defizite, veröffentlicht am 18. Mai 2015 im Alternativen Drogenbericht (herausgegeben u.a. von der Deutschen Aidshilfe und Selbsthilfeorganisationen). Auf die neuropsychologischen Folgen soll hier näher eingegangen werden.

In dem Artikel wird deutlich gemacht, dass, bereits gut untersucht und seit langem bekannt, Cannabis Defizite im neuropsychologischen Bereich (Gedächtnis, Orientierung und Aufmerksamkeit) hervorruft. Umstritten war, ob nach Beendigung des Cannabiskonsums diese Defizite bestehen bleiben oder sich ganz oder nur teilweise zurück bilden, auch umstritten war, ob diese Defizite mit Dauer und Menge des konsumierten Cannabis in Zusammenhang stehen.

Herr Hermann zitiert eine 2012 publizierte Studie über 1037 Personen, die im Alter von 13 und dann nochmal im Alter von 38 Jahren einem Intelligenztest unterzogen wurden (Studie von Meier et al. 2012). Der Cannabiskonsum wurde sodann im Alter von 18, 21, 26, 32 und 38 Jahren erhoben. Diese Studie hatte das erstaunliche Ergebnis, dass fortgesetzter Cannabiskonsum zu einer Verminderung des Intelligenzquotienten führte bei den Personen, die vor dem 18. Lebensjahr mit dem Cannabiskonsum begonnen hatten. Erstaunlich auch, dass dieser Effekt der Verschlechterung des Intelligenzquotienten auch bereits eintrat, wenn unregelmäßig (mindestens einmal wöchentlich) konsumiert wurde, die Intelligenzverminderung also nicht nur bei einem regelmäßigen Hochkonsum auftritt. Die Defizite sollen sich anhand dieser Studie bei weiterem Konsum verschlechtern und bildeten sich nach einer Abstinenz von Cannabis nicht vollständig zurück.
Im Gegensatz dazu zeigte sich keine Verminderung des Intelligenzquotienten, wenn der Cannabiskonsum erst im Erwachsenenalter begonnen wurde.

Eine weitere aktuelle Studie (Silins et al. 2014) wies nach, dass Personen, die vor den 17. Lebensjahr Cannabis konsumiert hatten, abhängig von ihrer Dosis ein "um 64 % erhöhtes Risiko für ein Schulabbruch aufwiesen, ein um den Faktor 18 erhöhtes Risiko für eine Cannabisabhängigkeit hatten, ein um den Faktor acht erhöhtes Risiko für eine Abhängigkeit für andere Drogen und ein um den Faktor acht erhöhtes Risiko für Suizidversuche."

Hintergrund dieser negativen Folgen von Cannabis im Jugendalter ist nach Auffassung dieser (und anderer) Wissenschaftler, dass das jugendliche Hirn Umbauprozessen (Bildung, Reifung und Wanderung neuer Nervenzellen im Gehirn, Wachstum von Axonen, Entwicklung von Glia- Zellen, Positionsfindung von verschiedenen Nervenzellen) unterworfen ist, die es anfällig machen für Einwirkungen von außen. Und das, da insbesondere das körpereigene Cannabinoidsystem hierbei eine entscheidende Rolle zu spielen scheint, und dieses System durch von außen zugeführtem Cannabis erheblich gestört wird.
Da im Erwachsenenalter diese Umbauprozesse abgeschlossen sind, ist das Erwachsenengehirn von diesen Risiken nicht betroffen. So konnte eine Verminderung des Intelligenzquotienten bei den Personen, die erst im Erwachsenenalter den Konsum von Cannabis aufgenommen haben, nicht gezeigt werden.

Quelle

Derik Hermann, "Aktuelle neurobiologische Studien zu gesundheitlichen Folgen von Cannabiskonsum mit Fokus auf Psychosen und neuropsychologischen Defiziten" in: 2. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2015